Das Osthaus Museum Hagen richtete vom 27. Januar bis 21. April 2013 in Zusammenarbeit mit der Otto Modersohn Stiftung in Fischerhude eine retrospektiv angelegte Ausstellung zum Werk des Landschaftsmalers Otto Modersohn (1865–1943) aus. Mit 265 Gemälden und Zeichnungen ist dies die erste umfassende Museumspräsentation außerhalb des Otto Modersohn Museums in Fischerhude seit 35 Jahren in Deutschland. Ziel der Ausstellung ist es, die Eigenständigkeit des außerordentlich umfangreichen malerischen wie auch des zeichnerischen Œuvres einem breiten Publikum zugänglich zu machen. Sie umfasst alle Abschnitte seiner Werkgenese. Parallel zu dieser Präsentation, zeigt das Osthaus Museum eine exklusive Auswahl von Werken Paula Modersohn-Beckers aus Privatbesitz. Damit begegnen sich zwei grundlegend unterschiedliche künstlerische Sehweisen, die sich an einigen Punkten berühren und sich für kurze Zeit gegenseitig befruchten, dann jedoch wieder völlig andere, eigenständige Entwicklungen nehmen. Der in Soest geborene Künstler verbrachte vor seinem Studium an der Kunstakademie Düsseldorf seine Kinder- und Jugendzeit in Münster. Neben dieser familiären Verwurzelung in Westfalen besitzt auch die Sammlungsgeschichte des Osthaus Museums Hagen eine Beziehung zu Otto Modersohn und seinem Werk. Das Künstlerehepaar Otto Modersohn und Paula Modersohn-Becker hatte den Hagener Mäzen und Kunstsammler sowie Peter Behrens gemeinsam mit Heinrich Vogeler auf einer 3-tägigen Reise nach Westfalen im Jahr 1905 in Hagen kennen und schätzen gelernt. Auf Initiative von Otto Modersohn und Heinrich Vogeler fand 1913 posthum eine umfassende Ausstellung mit 77 Gemälden und Skizzen, 45 Zeichnungen sowie 9 Radierungen von Paula Modersohn-Becker in den Räumen des Museum Folkwang in Hagen statt. Otto Modersohn besuchte die Ausstellung zusammen mit seiner Tochter Mathilde. Er beschrieb seinen Eindruck der Ausstellung mit nur einem Wort: „überwältigend“. Die Ausstellung wurde von einem im Worpsweder Horenverlag herausgegebenen Katalog begleitet, an dessen Zustandekommen Otto Modersohn wesentlich beteiligt war. Im Anschluss an die Ausstellung kaufte Karl Ernst Osthaus das Gemälde Selbstbildnis mit Kamelienzweig, entstanden 1907 in Paris, das letzte Selbstporträt Paula Modersohn-Beckers, die am 20. November 1907 an den Folgen der Entbindung ihrer Tochter Mathilde in Worpswede früh verstarb. Es befindet sich heute im Bestand der Sammlung des Essener Folkwang Museums. Heute besitzt das Osthaus Museum Hagen zwei Ölgemälde von Otto Modersohn. Abend im Moor kaufte die Städtische Sammlung aus dem Atelier im Oktober 1941 und aus der Ausstellung in Hagen, im Mai 1942, erwarb das Museum das Bild Flusslandschaft im Rauhreif. In Hagener Privatbesitz konnten aus dieser Ausstellung vier weitere Bilder vermittelt werden. Nach 1945 wurden auch wieder Werke von Paula Modersohn-Becker in die Sammlung des Osthaus Museums integriert, darunter neben drei grafischen Blättern das Bildnis Mädchen mit Lamm, datiert auf das Jahr 1904. Im Juli 1899 erklärte Modersohn seinen Austritt aus der Künstlervereinigung ‚Worpswede‘; nach dem Tod seiner ersten Frau Helene im darauffolgenden Jahr wurde Paula Becker, die zunächst als Malschülerin von Mackensen nach Worpswede gekommen war, seine intensivste Gesprächspartnerin; die beiden heirateten 1901. Otto Modersohn und Paula Modersohn-Becker arbeiteten zum Thema der Gegenständlichkeitsauffassung in den folgenden Jahren intensiv an der Umsetzung der von ihnen deklarierten Maxime „Das Ding an sich in Stimmung“. Es entstanden Werke, die die naturalistische Darstellung zunehmend vernachlässigten und mehr einer inneren Welt entsprangen. Der plötzliche Tod Paula Modersohn-Beckers im Jahr 1907 veranlasste Otto Modersohn Worpswede zu verlassen. Die gemeinsame Arbeit wurde leider frühzeitig beendet. Parallel zu der Präsentation von 265 Werken Otto Modersohns und zwölf ausgewählten Werken von Paula Modersohn-Becker zeigt das Osthaus Museum erstmals ausgestellte Porträtfotografien von Annelise Kretschmer aus Worpswede. Die 1903 als Annelise Silberbach geborene Dortmunderin absolvierte ein Studium an der Kunstgewerbeschule in München und sammelte Erfahrungen u.a. als Meisterschülerin bei dem Porträtfotografen Franz Fiedler in Dresden. Sie veröffentlichte ihre Bilder, hauptsächlich Porträtfotografien, in Fachmedien wie "Das Atelier des Photographen" und der Photographischen Rundschau, sowie in illustrierten Beilagen. Einzelausstellungen richteten zu Lebzeiten das Museum am Ostwall Dortmund (1962, 1966) sowie das Museum Folkwang, Essen (1982) aus. Annelise Kretschmer war an internationalen Ausstellungen in Kiew, Tiflis und San Francisco beteiligt. Am 13. August 1987 stirbt Annelise Kretschmer in Dortmund. Der Schwerpunkt ihres künstlerischen Schaffens liegt zweifelsohne im Bereich der Porträtfotografie. Den Menschen als ein vieldeutiges Wesen zu erfassen, macht die Besonderheit ihrer Fotografie aus.. Die Ausstellung erfolgt in Zusammenarbeit mit dem Otto Modersohn Museum in Fischerhude, und mit der freundlichen Unterstützung der Galerie Neher, Essen. • Supplementband: Paula Modersohn-Becker – Eine expressive Malerin mit einem Einleitungstext von Tayfun Belgin |