Franz Marc, Komposition III, 1913/14, Osthaus Museum Hagen, Fotografie: Achim Kukulies, Düsseldorf


Franz Marc (1880–1916)
Komposition III, 1913/14
Öl auf Leinwand


Zusammen mit Wassily Kandinsky war Franz Marc 1911 Mitbegründer des »Blauen Reiters« in München. Ihre kunsttheoretischen Überlegungen trugen entscheidend zur Entwicklung der abstrakten Kunst bei und insbesondere die Arbeiten, die in den Jahren von 1911 bis 1914 entstanden, waren wegbereitend für die moderne Kunst im 20. Jahrhundert. Als Marc im September 1910 Kandinskys Bekanntschaft machte, zeigte er sich sehr beeindruckt von dessen Verhältnis zu Farben, deren Harmonien seelische Zustände ausdrücken sollten. Diese Einsicht hatte Kandinsky um den Jahreswechsel 1909/10 bereits in die Abstraktion der reinen Farben geführt, in der er den »inneren Klang« der Dinge sichtbar machen wollte. Marc sah sich im eingeschlagenen Weg bestätigt, da auch er bemüht war, das »innere Wesen« aufzuzeigen und die Schaffung einer »geistigen« Kunst als Symbol der Zeit anstrebte.

Seine Mitgliedschaft bei der »Neuen Künstlervereinigung München« hatte ihn in den Salon der Baronin Marianne von Werefkin geführt, wo kunsttheoretische Probleme erörtert wurden. Die äußerst avantgardistischen Theorien Werefkins über Abstraktion und Farbe dürften Marc darin bestärkt haben, vom Darstellungswert der Farbe zu ihrem Eigenwert und ihrer Wirkung zu wechseln. Im Februar 1911 schrieb Marc seiner Lebensgefährtin Maria Franck: »Du musst Deine Komposition nicht von Gegenständen herleiten, sondern von Farben, Flecken, festen Formen und Linien und aus dem das Gegenständliche herausziehen. Das ist der ganze Witz.«

Marc, der den Menschen für unvollkommen und nicht für darstellungswürdig hielt, wählte auf der Suche nach makelloser Reinheit und natürlicher Vollkommenheit zunächst das Tier als Darstellungsobjekt, ehe er schließlich zu der Einsicht kam, dass seine Vorstellung nur durch die endgültige Loslösung von der gegenständlichen Kunst verwirklicht werden könne. 1914 entstand unter dem ungestillten Drang nach »Reinheit« und der Suche nach einer »absoluten Formenwelt« jene Serie der Kleinen Kompositionen. Das Hagener Gemälde zeigt ein vielfältiges Ineinander und Gegeneinander verschiedener gegenstandsloser Formen. Der scheinbar unüberwindliche Gegensatz zwischen harten, kantigen und runden Formen löst sich in der Diagonalen auf, in der sich die Formen harmonisch durchdringen. Die Bildfläche verliert an Tiefe und verschmilzt zu einer flächigen Einheit. Im subjektiven Erleben des Künstlers ringen die gegensätzlichen Prinzipien und werden im Vermischen emotionalisiert, wodurch sie einen erzählerischen Charakter erhalten. Neben inniger Naturverbundenheit lebte in Franz Marc auch ein Hang zu romantischer Verträumtheit, die sein lebhaftes Farberleben erklärt: »Kunst«, so bekannte er einmal, »ist doch nichts als der Ausdruck unseres Traumes.«